Zur Förderung der Weinkultur sowie für die Förderung von Kunst, Kultur, der Freundschaft und Geselligkeit tritt der St. Urbanus Weinritterorden ein. Und was in den Satzungen steht, wurde am Wochenende von 21.-23. Juni 2019 mit Leben erweckt. 12 Mitglieder besuchten das Stift Kremsmünster mit dem berühmten Tassilo-Kelch aus dem Jahr 777, verkosteten die Stiftsweine mit Kellermeister Pater Siegfried Eder und besuchten die Aufführung der Strauss-Operette "Die Fledermaus" in Bad Hall - inklusive Sektempfang und Backstage-Führung mit Tenor Laszlo Maleczky.
48 Benediktinermönche leben heute im Stift Kremsmünster und kümmern sich um 27 Pfarren, die 400 Schüler der Privatschule (seit 450 Jahren gibt es die Schule im Stift), um die 10.000 ha Land- und Forstwirtschaft, die Fischzucht sowie um den Weinkeller und die Räumlichkeiten des Stiftes. Gegründet wurde Kremsmünster im Jahr 777 von Herzog Tassilo III. von Bayern, der die Urbarmachung der Ostmark und die damit einhergehende Christianisierung am Rande des deutschen Kaiserreiches vorantrieb. 60 Mönche waren es damals, im 18. Jahrhundert wurde die Höchstzahl von 113 Padres erreicht. Unter Benutzung älterer Bestandteile entstand ab der Mitte des 17. Jahrhunderts die heute sichtbare Anlage, die neben dem Stift Melk zu den größten Österreichs gehört. Unter den Baumeistern waren Carlo Antonio Carlone (Stiftskirche, Kaisersaal, Bibliothek, Fischkalter) und Jakob Prandtauer (Wirtschaftshöfe im äußeren Stiftshof, Umbau des Fischkalters), der auch die Klosterkirche in Melk gestaltete.
Bei der Führung durch das Stift konnten wir eine der größten und ältesten Bibliotheken Österreichs bewundern. Alleine der Prachtsaal hat eine Länge von 65 m und beherbergt circa 160.000 Bände, darunter zahlreiche Handschriften und Inkunabeln. Die bekannteste Handschrift ist der Codex Millenarius (maior) aus der Zeit um 800, das älteste Buch des Stifts. Die Bibliothek besitzt auch über dreißig Handschriften, die Johannes Seld de Leubs dem Kloster 1440/41 geschenkt hat. Neben theologischen Texten befindet sich darunter eine Abschrift des für die Sprachforschung wichtigen „Abstractum-Glossars“. Bibeln aus dem 14. Jahrhundert sind ebenso zu bestaunen wie der Schoppenzaun-Psalter aus 1467. Bewunderns- und bestaunenswert auch der Kaisersaal mit dem gewaltigen Deckenfresko von Melchior Steidl aus dem Jahr 1697.
Und dann standen wir vor ihm - in einer unscheinbaren Vitrine im sogenannten Kaiserschlafzimmer steht der berühmte Tassilo-Kelch. Dieses wertvollste Stück des Stiftes wurde um 780 von Herzog Tassilo III. und seiner Gemahlin Liutberga gestiftet, möglicherweise zum Anlass der Gründung Kremsmünsters im Jahr 777. Ein unschätzbares Kulturgut und eines der ältesten mittelalterlichen Artefakte überhaupt.
Nach so viel Kultur kam der Wein. Bei einer Spezialführung durch den Stiftskeller, der gerade neu gestaltet wird und in dem hauptsächlich Flaschen lagern (jährlch etwa 100.000), erklärte Kellermeister Pater Siegfried, dass die ersten Weingärten bereits bei der Stiftsgründung im Jahr 777 erwähnt wurden. Und zwar östlich von Aschach, die den Wein für die Mönche des Stiftes lieferten. Heute besitzt man 20 ha rund um Krems und Mautern (dort übrigens seit der Zeit Karls des Großen), seit 1990 auch derzeit 30 ha im burgenländischen Deutschkreuz für die Rotweinproduktion. Alle Weingärten sind übrigens verpachtet, an sechs Weißweinproduzenten (darunter Leopold Müller aus Mautern und Emmerich Knoll aus Unterloiben) und zwei Rotwein-Winzer (darunter das Familienweingut Strehn mit Pia, Patrick, Andy und Monika). Diese liefern den Wein an, gefüllt wird er großteils im Stift selbst.
Mit dem K.GV 2018 begann die Verkostung. 20.000 Flaschen wurden von diesem Wein aus verschiedenen Grünen Veltlinern in Zusammenarbeit mit dem WG Leopold Müller hergestellt. 12,5%, getragen von feiner Mineralik der Schotter/Lössböden, ein frischer, fruchtiger GV mit angenehmem Trinkvergnügen.
Auf Donauschotter wächst der GV Ried Süssenberg 2016 ebenfalls vom WG Müller. Mit 13,5% gehaltvoll, im Glas Goldgelb, nach Mango und reifer Birne duftend, kräftig und vollmundig. Sehr reif und in hellem Bernsteinton zeigte sich der GV Schütt 2008 mit 13,5%. Der Weingarten dieser berühmten Lage der Wachau wurde 2009 gerodet und an Emmerich Knoll verpachtet, der hier seither Riesling ausgepflanzt hat. Den Riesling Schütt 2016 konnten wir danach verkosten: ein Smaragd in hellem Goldgelb, extraktreich, mit 13,5% sehr lang und druckvoll. Wieder vom WG Müller der Riesling Silber 2017, mit 12,5% mineralisch und leicht, mit schönen Zitrustönen. Und der Riesling Steiner Hund 2016 (die Riede hinter dem Pfaffenberg in Stein) vom WG Urban Stagart (der Nachbar vom berühmten Nikolaihof) biologisch angebaut, zeigte sich dicht, mineralisch, mit starkem Aroma nach Weingartenpfirsich.
Gehaltvoll zeigten sich auch die Rotweine, wie etwa der BF Reserve DAC 2017 vom WG Strehn (Lage Neuberg). Ein Jahr im gebrauchten Barrique ausgebaut, mit toller Kräuterwürze, schwarzem Beerenaroma, Anklängen von Bitterschokolade, rund und voll. Dicht, dunkel und intensiv auch der Syrah 2012, ebenfalls vom WG Strehn. Mit 14,5% eine echte Granate, eineinhalb Jahre im Barrique ausgebaut, mit intensivem Weichselaroma. Ganz toll auch der Paraderote des Stiftes, die Cuvée Ltd. Tradition Benedictus. Der Jg. 2012 (je ein Dritten BF, M, CS) war 18 Monate im Barrique, hat 14,5% und viel Kraft und Aroma. Ein dichter, kräftiger und fruchtiger Wein zum Abschluss der Verkostung.
Nach dem Besuch in Kremsmünster stand während des Wochenendes noch die Aufführung der Operette "Die Fledermaus" von Johann Strauss im neu umgebauten Stadttheater Bad Hall am Programm. Unter der Intendanz von Ernst Theis und der Regie von Gerald Pichowetz, der auch einen grandiosen Kerkermeister Frosch abgab, gefiel den Weinrittern in einem ausverkauften Haus diese 1874 von Johann Strauss (Sohn) als viertes Bühnenwerk fertiggestellte "Fledermaus", das dreistündige Spiel von Eifersucht, Neid, Liebe, Niedertracht, Oberflächlichkeit, Dummheit, Intelligenz und Existenzangst. Mit Sophie Klussmann als Rosalinde, Romana Amerling als Stubenmädchen Adele, Eugene Amesmann als Gabriel von Eisenstein und mit Laszlo Maleczky als Liebhaber Alfred.
Dieser empfing die Weinritter vor der Aufführung und gewährte ihnen einen eindrucksvollen Blick hinter die Kulissen des Theaters. Um auch nach der Aufführung bis weit nach Mitternacht bei angeregten Gesprächen über Kultur und Wein mit zu diskutieren. Eine mehr als gelungene Veranstaltung des Konventikels Wiener Weinberge, die eine ideale Verbindung von Kultur und Wein bot.
Text: Christian Stöger
Fotos: Christian Stöger, Holnsteiner (Fledermaus)