Es war die letzte Tafelrunde des Jahres, zu der das Konventikel Eins am Mittwoch, den 15. 11.2017 in den Ordenskeller geladen hatte. "Französische Rotweine älter als zehn Jahre" war das Thema, 17 Mitglieder des St. Urbanus Weinritter Ordenskollegiums waren dabei und erlebten eine Reise durch die Weinbaugebiete Bordeuax, Burgund und Madiran - und durch die Jahre von 1986 bis 2005. Dabei zeigte sich einmal mehr, dass die Topweine auch nach zehn oder zwanzig Jahren noch immer überzeugen.
Für viele war das Thema eine logistische Herausforderung, der sich lediglich 17 der 24 möglichen Teilnehmer tatsächlich gestellt haben. Wer nämlich nicht über einen eigenen Weinkeller verfügt, in dem so manche tolle Flasche Wein Jahre oder Jahrzehnte vor sich hinreift, kam bei der Organisation der alten Franzosen rasch an seine Grenzen. Umso erfreulicher die Tatsache, dass sich so mancher der Mühe und der Suche nach den reifen Roten unterzogen hat - und auch an den unterschiedlichsten Orten (nicht nur im Internet) fündig geworden ist. Wobei anzumerken ist, dass so mancher ziemlich wenig über seinen Wein aussagen konnte. Ein bisschen mehr Recherche würde der allgemeinen Wissenserweiterung bei den Tafelrunden sicherlich gut tun.
Ein einfacher Bordeaux von Marquis Louis de Camponac eröffnete den Reigen. Auf der Magnum-Flasche stand zwar 1986 und 12 Alkoholprozent, am Gaumen überraschte er für seine 31 Jahre mit bemerkenswerter Leichtigkeit und schönem Aroma. Kräftiger, allerdings mit wenig Frucht und viel Tannin, zeigte sich der Medoc AC 2000 von Baron Eric de Rothschild. Überraschend, dass es ob der zahlreichen älteren Weine lediglich einen Korkfehler gab, und der betraf den AC Bordeaux von Brunet St. Escale 2000.
Beerig, fruchtig, vollmundig der Langlet 2005 mit 13,5% aus Graves, kräftig in der Nase aber am Gaumen schon ein wenig flach zeigte sich der 1996er Cru Bourgeois Exceptionelles von Poujeaux aus Moulis. Für die 12,5% Alkohol waren die 21 Lagerjahre wohl doch etwas zu lange. Ebenfalls mit schönem Aroma aber sehr kurzem Abgang der 1995er 5eme Cru von Pedesclaux aus Pauillac. Auch er mit lediglich 12,5%, und auch er hätte bei früherem Trinkgenuss wohl besser gemundet. Wohl ähnlich wie der Grand Cru von Cardinal-Villemaurine 2002 aus St. Emilion mit 13%. Ein Wein aus 60% ME, 40% CF, mit tollem Brombeeraroma, vollem Körper, elegantem Tannin und langem Abgang. Die Bezeichnung Grand Cru hatte er nicht zufällig.
Man arbeitete sich qualitätsmäßig weiter nach oben, wie der Grand Crus Classes B 2005, der Zweitwein vom Château Figeac aus St. Emilion, zeigte. 35 CS, 30 ME, 35 CF, 13% Alkohol und in nur 65.000 Flaschen abgefüllt überzeugte dieser Wein durch schöne Beerenfrucht, gute Tannine, zeigte sich dicht und vollmundig am Gaumen und lang im Abgang. Auch der Cru Bourgeois Supérieurs 2005 von Citran aus Haut-Medoc überzeugte. 50 CS, 50 ME, 13% in französischer Eiche ausgebaut bot er eine dichte Nase, einen schönen Körper, am Gaumen schmeichelndes Frucht-Tannin-Spiel, ohne zu druckvoll zu werden. 60 CS, 33 CF, 12 ME und 5 Petit Verdot machten den Cru Bourgeois Exceptionelles von Labegorce Zede aus Margaux aus. Ein Jahrgang 1995 mit lediglich 12,5% zeigte sich auch er gut gereift, süffig und leicht zu trinken. Etwas zu alt wirkte dann für manche der 1990er Cru Bourgeois von Bel Air Lagrave aus Moulis. Anteile von CS, ME und CF, aber trotz der 20 Monate im Eichenfass und seinen 13% war der Wein eher flach mit wenig Struktur. Ganz anders hingegen der 1989er Cru Bourgeois Exceptionelles von Chasse-Spleen aus Moulis. 65 CS, 30 ME, 5 PV zeigten sich kräftig und gut gereift, ein schöner Altwein sozusagen. Das gilt auch für den 2eme Cru 1993 von Montrose aus St. Estephe. 65 CS, 25 ME, 8 CF, 2 PV, 12,5%, mit einem Aroma nach schwarzen Beeren und einem kräftigen, üppig-fülligem Trinkgenuss. Für seine 22 Jahre frisch zeigte sich der Grand Cru Classe 1995 Smith Haut Lafitte aus Pessac-Leognan, der die Bordeaux-Weine abschloss. Ebenfalls mit schönem Beerenaroma, vollmundig, gut eingebundenem Holz war dies ein wirklich schöner Wein.
Wirklich toll zeigten sich die beiden präsentierten Burgunderweine. Ein Chorey-les-Beaune AC von Tollot Beaut aus Côte de Beaune. Der Jahrgang 2006 mit 13% bestach durch schönes Fruchtaroma, rote Beerenfrüchte am Gaumen, einem guten Tanningerüst, das vielleicht noch etwas zu vordergründig wirkte. Ein Wein, der sicherlich noch einige Jahre reifen könnte. Und der Chapelle-Chambertin von Domaine Rossignol-Trapet von Côte de Nuits aus dem Jahr 2004. Ein reinsortiger Pinot Noir Grand Crus, dicht, üppig, füllig und lang. Mit € 50,- auch einer der teuersten Weine des Abends.
Zum Abschluss führte die Reise nach Südwestfrankreich an die Pyrenäen, und zwar ins Madiran. Hier ist die Tannat-Traube vorherrschend, aus der schwere, dichte, kräftige schwarz-rote Weine gekeltert werden. Das erkannte man gleich beim Futs de Chene 2000 von der Domaine Damiens, einem reinen Tannnat-Wein. Mit 14% Alkohol und Aromen nach Brombeeren, Weichseln, schwarzem Hollunder, Holz, Kaffee und Schokolade zeigte er sich trotz seiner 17 Jahre unrund, hart, gerbstoffreich und jugendlich wild. Ein Wein, der noch einige Jahre vor sich hätte.
Trinkreif, füllig und vollmundig mit hartem Tanningerüst zeigte sich der 2001er von Alain Brumont vom Château Bouscassé. 50% Tannat, 26% CS, 24% CF, gekeltert aus 20-100 Jahre alten Trauben nahe der Ortschaft Maumusson-Laguian. Dieser Bereich wird auch humorvoll "Der Fuß von Saint Emilion" genannt. Eine Maischestandzeit von 6 Wochen und 12 Monate im Barrique machten diesen Wein mit 14%. 16 Monate im Barrique war hingegen der Château Bouscassé "Vieilles Vignes", der Top-Wein aus 100% Tannat des Weingutes. Ebenfalls ein Jahrgang 2001, gekeltert aus Trauben von 100jährigen Tannat-Rebstöcken. Mit 14% zeigte er sich trotz Dekantierens zwei Stunden vor dem Verkosten eckig, wild, unrund und noch viel zu jung. Es hat schon was auf sich, dass diesem Wein ein Reife- und Lagerpotential von 30 Jahren gegeben wird. Die 16 Jahre, die er bei der Verkostung hatte, waren gerade einmal die Halbzeit. Ein würdiger Abschluss der Tafelrunde und ein Versprechen, in vielleicht zehn Jahren noch einmal eine Flasche dieses Weins aus dem Keller zu holen.
Text und Fotos: Christian Stöger