Ritter Engelbert Kitzler hat in den Tiefen seines Weinkellers gekramt und am 16. Oktober 2019 eine Verkostung der Extraklasse zusammengestellt: Roter Veltliner gegen Grüner Veltliner, jeweils vom Wagram. Oft vom gleichen Weingut und vom gleichen Jahrgang. Auf die Frage "Welcher wird schöner alt?" fiel die Antwort eindeutig zu Gunsten des Roten Veltliners aus! Nicht wirklich überraschend, ist er doch die Paradesorte vom Wagram - und auch nach vielen Jahren noch ein wirklicher Trinkgenuss.
Los ging's im Ordenskeller gleich mit den ältesten Jahrgängen, und zwar aus dem Jahr 2000. Sowohl der GV Auslese Reserve vom WG Reinberger/Grafenwörth mit 14,5% als auch der RV Scheiben vom WG Leth/Fels am Wagram mit 13,0% überzeugten mit schöner Honignase, ausgewogener Exotik, am Gaumen vollmundig, breit, elegant und endlos im Abgang. Beide Weine waren ein wirklicher Trinkgenuss, mit leichten Vorteilen für den Roten Veltliner. Und wirklich gut zur Rollgerstensuppe mit Speck.
Der GV Spiegel "Alte Reben" 2002 vom WG Josef Bauer/Feuersbrunn korkte leider, der paralell verkostete RV Kreimelberg 2002 vom WG Setzer/Hohenwarth bestach durch zarte Mango- und Melonenaromen, schönem Schmelz und vollendeter Reife. Auch beim nächsten Flight schied der GV aus - Weinfehler wegen zu lange gelagerten Plastikkork, der GV Rose Grün vom WG Reinberger/Granfenwörth 2004 war oxidiert. Der RV Wagramterassen 2004 vom WG Fritz/Zaussenberg hingegen schön und rund. 2005 im österreichischen Salon!
Den direkten Vergleich vom eben erwähnten WG Fritz gab es beim GV Gondwana 2005 und dem RV Wagramterassen 2005 - der auch hier klar die Nase vorne hatte. Beide Weine übrigens ideale Speisebegleiter zum Wildschweingulasch mit Pilzen und Knödeln. Auch beim Jahrgang 2006 gab es den direkten Vergleich, diesmal vom WG Leth/Fels am Wagram: GV Scheiben gegen RV Scheiben, beide mit 14%. Auch hier war der Rote Veltliner fülliger, besser ausgereift.
In dieser Tonart ging es auch bei den etwas jüngeren (!) Jahrgängen weiter: 2008 GV DAC vom WG Topf/Straß gegen RV Reisenthal vom WG Mantlerhof/Gedersdorf. Ersterer mit 13% ein klassischer GV, Letzterer mit 14,5% ein runder, exotischer, nussig-vollmundiger Wein, der für einige Weinritter den Höhepunkt des Abends darstellte. Auch diese Wein war im Salon Österreich vertreten.
Im Jahrgang 2009 lag der im Barrique ausgebaute RV Steinberg vom WG Fritz mit 14,5% knapp aber doch vor dem GV Gutsreserve vom WG Geyerhof/Furth. Und auch der Jg 2010 RV Steinberg "Privat" vom WG Fritz/Zaussenberg mit 14% überzeugte. Wenngleich auch hier der GV Reisenberg "Reserve" vom WG Uhler/Wien wegen Weinfehlers neuerlich ausschied. Und auch im letzten Flight des Abend lag das WG Fritz neuerlich vorne: der RV Steinberg privat halbtrocken, Jg. 2012 mit satten 14,5% zeigte sich bereits opulent, mit schön eingebundenem Barrique und tollem Finish.
Auch der GV Ikon Zwirch vom WG Ludwig Neumayer aus Inzersdorf ob der Traisen, ausgebaut im Barrique, ebenfalls 14,5% zeigte für den Jg 2012 eine tolle Reife und war unbestritten auch der beste GV des Abends. Fazit: ein Dankeschön an Engelbert Kitzler für diese aufschlussreiche Verkostung und die Bestätigung, dass der Wagram einfach Roter Veltliner-Land ist. Auch - und gerade dann - wenn die Weine fast 20 Jahre alt sind! Und dass das Weingut Fritz in Zaussenberg auf jeden Fall einen Besuch Wert ist.
Text und Fotos: Christian Stöger