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Champagner kennt wohl fast jeder, hat den namensgeschützten edlen Schaumwein aus der französischen Champagne vielleicht auch schon ein oder zweimal getrunken. Aber Franciacorta? Das wird wohl den wenigsten Freunden der Sprudelgetränke etwas sagen. Dabei handelt es sich aber ebenfalls um Schaumwein, hergestellt nach der Champagnermethode aus den gleichen Trauben wie sein französisches Vorbild (Chardonnay und/oder Pinot Noir). Der Unterschied: Franciacorta kommt aus der norditalienischen Region Lombardei, zwischen Brescia und dem Iseosee. Ob es geschmacklich einen Unterschied gibt, sollte bei der Verkostung des Konventikels Eins am 23.8.2022 anhand von acht Flights Champagner gegen Franciacorta festgestellt werden.

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Die Blindverkostung im Restaurant Napoleon war spannend und von zwei Fachleuten professionell geleitet: Chefsomelier Josef Maria Schuster vom Getränkegroßhandel "Kastner-AllesWein" war für die Abteilung Champagner zuständig (KASTNER AllesWein bietet ein umfassendes Sortiment mit mehr als 2.500 Weinen von über 450 österreichischen und internationalen Weingütern), Somelier Christian Bauer von "Wein&Kultur KG" („Während der 20 Jahre, die ich in Italien lebte, konnte ich wirklich viele (W)eindrücke sammeln!") für die Abteilung Franciacorta.

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Champagner darf nur aus Trauben in einem streng limitierten Gebiet von 33.500 ha erzeugt werden, das bereits am 22. Juli 1927 festgelegt wurde. In der Weinbauregion Franciacorta in der Lombardei stellte erst in den 1960er-Jahren das Weingut Berlucchi die ersten professionell hergestellten Schaumweine vor. Die Nachfrage nach dem im Stil eines Champagner hergestellten Spumante wuchs rasch an und brachte der Region einen Boom. 1967 bekam sie den DOC-Status , am 5. März 1990 gründeten 29 Winzer das "Franciacorta Konsortium", und erst 1995 erhielten die Weine das Prädikat „kontrollierte und garantierte Herkunftsbezeichnung“ (Denominazione di Origine Controllata e Garantita – DOCG).

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Etwa 80 % aller Champagner werden aus Grundweinen verschiedener Jahrgänge zu einer "Assemblage" verschnitten und kommen ohne Jahrgangsangabe auf den Markt (BSA = brut sans année). Der Grundwein eines typischen jahrgangslosen Champagners besteht zu rund 70 % aus dem aktuellen Jahrgang. Der Rest sind ältere Jahrgänge, die sogenannten Reserveweine. Wodurch es den Champagnerhäusern möglich ist, jedes Jahr einen gleichwertigen und beinahe gleich schmeckenden Champagner zu erzeugen. Auch in Italien geht man beim Franciacorta ähnlich vor, auch hier ist die "Assemblage" die verbreitetste Form des Spumante.

Bei Champagner unterscheiden wir weiters die Bezeichnungen Ultra Brut, Brut Nature oder Brut integral, non dosé oder zero dosage: keine Dosage, 0 bis 3 g/L Restzucker, weiterts Extra Brut: Dosage mit 0 bis 6 g/L Restzucker, Brut: Dosage mit 0 bis 12 g/L Restzucker, Extra Sec oder Extra Dry: Dosage mit 12 bis 17 g/L Restzucker, Sec: Dosage mit 17 bis 32 g/L Restzucker und schließlich Demi Sec: Dosage mit 32 bis 50 g/L Restzucker. Bei Franciacorta sind die Bezeichnungen gleich, bei beiden beträgt der Alkoholgehalt mindestens 11,5 Vol%, die Perlage durch die zweite Gärung in der Flasche sollte fein und intensiv sein, der Geschmack bei den verkosteten Franciacorta in der Mehrzahl fruchtig, frisch und fast spritzig, bei den Champagnern eher fein, harmonisch, leicht hefig und sehr gediegen. 

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Beim ersten Flight, einer Rosé-Mischung, war die Gunst gleichmäßig verteilt. Und zwar zwischen Champagner Billecart Rosé Ultrabrut mit 12 Vol% und Franciacorta Le Marchesine Rosé Millesimata 2018 Artio Audens mit 13 Vol%. Im 2. Flight sprachen sich 2/3 der rund 40 Teilnehmer dieser Verkostung für den Champagner aus: Roederer Philippe Starck 2012 (2013 in die Flasche und 2019 degorgiert), ein Brut nature/Dossage Zero, also extra trocken, aber vollmundig und mit schönen Kräuteraromen. Mit mehr als 100 Euro die Flasche auch der teuerste Schaumwein des Abends. Der entsprechende Franciacorta war wieder von Le Marchesine, Dossagio Zero Audens mit 12,5 Vol% fruchtig und leicht um 35 Euro.

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Noch deutlicher die Gunst und Erkennung im 3. Flight: 80% für den Champagner Vesselle Blanc de Noirs Extra Brut Grand Cru, zu 100% aus weiß gepresstem Pinot Noir mit 12 Vol% und strahlendem Goldgelb bei € 40,-. Dazu passend im Vergleich La Montina Franciacorta Extra Brut mit 12 Vol% und hellem Gelb und € 24,-. Zur Vorspeise (würziges Beef Tartar und geblattelter Schweinsbraten) passend dann Champagner Vesselle Brut Grand Cru (90% PN, 10% CH) mit 12 Vol% und La Montina Franciacorta Brut mit jugendlichen 12 Vol%, beide um die 25 Euro.

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Allgemein setzte sich auch bei den folgenden Flights die Tendenz Richtung Champagner immer mehr durch, was die Vorlieben, aber auch den Erkennungswert betraf. Mit einigen Ausnahmen wie beim Überraschungsflight 7. Überraschend bei Flight 5 (Champagner Monial Sylves Brut mit 12,5 Vol% und Ca del Bosco Franciacorta Cuveé Prestige mit 12,5 Vol%) waren die Preise: denn diesmal zeigte sich der Champagner mit € 36,- günstiger als sein italienischer Kollege mit € 42,-

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Flight 6, zwei Mal reinsortige Chardonnays, waren der Champagner blanc de blanc von Georges Vesselles mit Ananas- und Birnenaromen sowie der La Montina Franciacorta Saten blanc de blanc. Dazu gab's die Hauptspeise, ein faschiertes Kalbsbutterschnitzel mit frischem Erdäpfelpüreé und knusprigem Zwiebel sowie Wiener Backhuhn mit Erdäpfel-Vogerlsalat.  Und dann der Piratenflight, den aber fast niemand als solchen erkannt hat: ein Crémant de Bourgogne Cuveé Prestige von Chanzymit 12 Vol% und ein Spumante D'Arapri Bombino Brut aus Apulien mit 12,5 Vol% um jeweils um die € 25.- Wobei interessant ist, dass die in Apulien autochtone Bombina-Rebe auf bis zu 15 Meter hohen Stauden wächst.  

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Zum krönenden Abschluss dieser bemerkenswerten Verkostung, die Corona-bedingt seit 2020 immer wieder verschoben worden war, kamen zwei Vintage-Schaumweine auf die Tische: Le Marchesine Franciacorta Secolo Novo Giovanni Biatta DOCG Bilesimato 2009, eine Riserva mit 13 Vol% um € 92,- und ein Champagner Monial Blanc de Noirs 2012 zu 100% aus Pinot Noir mit 12,5 Vol% um € 51.-. Fazit des Abends war die Tatsache, dass Champagner als das edlere Getränk bezeichnet wurde, wobei auch so mancher Franciacorta zu überraschen verstand. Wer seine Gäste beeindrucken will, wird dennoch eher zum bekannteren Champagner greifen, wer allerdings auf ein besseres Preis-Leistungsverhältnis Wert legt, ist bei Franciacorta besser aufgehoben. Aber wie sagte doch ein Teilnehmer treffend: "Hauptsache Sprudel!"

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Text und Fotos: Christian Stöger

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